Familienplanung – ein Thema im Wahlkampf
Spotlight: Frau Walch, Sie haben zwei Mal kandidiert. Kurz vor der ersten Wahl haben Sie geheiratet und haben auch beschrieben, dass Sie im Wahlkampf darauf angesprochen wurden, ob Sie denn Kinder wollen und wie das dann gehen soll. Nach Ihrer zweiten Kandidatur und Ihrem Wahlerfolg in Sternenfels wurden Sie dann tatsächlich in der ersten Amtszeit Mutter. Wie waren die Reaktionen in Ihrer Gemeinde, als klar wurde: unsere Bürgermeisterin wird Mutter?
Bürgermeisterin Walch: Ich habe bereits kurz nach meinem 25. Geburtstag in einer kleinen Gemeinde im Heilbronner Kreis kandidiert. Vor dieser Wahl habe ich ca. 3 Wochen vorher geheiratet. Damals stand die Familienplanung sehr im Fokus. Damit hatte ich nicht gerechnet. Die Menschen konnten sich nicht vorstellen, dass ein junges Paar heiratet – ohne direkten Kinderwunsch.
Bei meiner Kandidatur in Sternenfels war ich dann 3 Jahre älter und war besser vorbereitet auf die Fragen, die junge Frauen gestellt bekommen zur familiären Situation. Im Vorfeld zur Kandidatur habe ich erst intensiv mit meinem Mann über die mögliche Familienplanung gesprochen und dann wir zusammen mit unseren Eltern. Mein Mann war bereit, Elternzeit zu nehmen und die –damals künftigen – Großeltern haben auch ihre Unterstützung zugesagt. Damit konnte ich ins Rennen gehen 😉
Bei Bekanntwerden meiner Schwangerschaft muss ich sagen: die Reaktionen aus der Bevölkerung waren überwältigend positiv. Die Menschen haben sich für uns gefreut. Ich habe viele tolle Tipps bekommen und hatte das Gefühl, dass regelrecht mitgefiebert wurde. Das habe ich als sehr schön empfunden. Auch im Gemeinderat hatte ich dank meines tollen Stellvertreters sehr guten Support.
Spotlight: Wie sind Sie vor der Kandidatur mit dem Thema umgegangen? War Ihnen schon klar: meine Familienplanung und meine Amtszeit werden zusammen fallen? Hat Sie das zögern lassen?
Bürgermeisterin Walch: Die Amtszeit eines Bürgermeisters oder einer Bürgermeisterin dauert bei uns 8 Jahre – eine lange Zeit. Sehr wohl war mir bewusst, dass bei meinem Alter und bei einer hoffentlichen Wiederwahl unsere Familienplanung voll mit dem Amt der Bürgermeisterin zusammenfallen wird. Und JA, ich habe heftig gezögert. Meinem Mann und mir war immer klar, dass wir eine Familie gründen wollen. Meine Freundinnen, die Kinder haben, sind alle mit großer Freude auch mehrere Jahre zu Hause geblieben. Ich habe mir definitiv die Fragen gestellt: Ist es möglich, Mama zu sein und Bürgermeisterin? Bin ich eine schlechte Mama, wenn ich arbeiten gehe? Verpasse ich nicht voll viel, wenn ich nicht mindestens zwei Jahre zu Hause bleibe?
Mit viel Unterstützung in den Mutterschutz
Spotlight: Mutterschutz, Elternzeit … alles nicht so einfach, wenn man in einer so verantwortungsvollen Position steht. Wie konnte das gelingen und wie viel Zeit konnten Sie sich auch für die Familie nehmen?
Bürgermeisterin Walch: Ich habe ein tolles Team im Rathaus und einen sehr engagierten Stellvertreter im Gemeinderat. Gemeinsam mit den Amtsleitern hat mein Stellvertreter die Zeit meiner Abwesenheit vertreten und die Projekte in dieser Zeit weiter vorangetrieben. Vor Beginn des Mutterschutzes hatte ich für alle Amtsleiter eine Aufgabenliste erstellt, sodass ich dann tatsächlich guten Gewissens die Kontrolle abgeben konnte. Elternzeit habe ich nicht genommen. Dafür hat mein Mann zwei Jahre beantragt.
Ich war die 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt zu Hause und habe dann noch 2 Wochen Urlaub angehängt. Also alles in allem eine kleine Auszeit. Nach meiner Rückkehr habe ich zwei Vormittage aus dem Homeoffice gearbeitet und bin bei den Abendterminen noch sehr gut von meinen Stellvertretern unterstützt worden.
Spotlight: Das Amt ist eine zeitliche Herausforderung für jede Familie. Was hat das für Ihren Partner bedeutet? Wie konnten Sie sich für alle Seiten gut organisieren?
Bürgermeisterin Walch: Mein Mann kommt nur selten mit zu Terminen, meistens nur zu besonderen Anlässen wie einem Festakt oder ähnlichem. Wenn er Zeit und Lust hat, gehen wir aber gern als Familie auf ein Fest/Einweihung oder ähnliches. Wir versuchen dann, diese Zeit auch als Familie beispielsweise für ein gemeinsames Mittagessen oder gemeinsam Kaffee und Kuchen essen zu nutzen. Für mich heißt es dann noch kurz allen Akteuren hallo zu sagen und ein kleines „Schwätzle“ zu halten.
Die Abendtermine sind hingegen schon eine Herausforderung. Nicht im Einzelfall, aber es gibt Wochen mit 2-3 Abendterminen und da muss man gut planen und koordinieren.
ABER – und das traue ich mich jetzt einfach auch mal zu sagen: Als Bürgermeisterin bin ich meine eigene Chefin. Wenn ich mit meinem Sohn zur Krabbelgruppe gehen möchte, dann kann ich mir auch am Nachmittag oder Vormittag diese Zeit einplanen. Morgens bin ich flexibel. Mit meinem Rathaus habe ich die Vereinbarung: Keine Termine vor 9.00 Uhr, so dass ich morgens Zeit mit meiner Familie verbringen kann. Insbesondere wenn Abendtermine sind, versuche ich darauf zu achten (geht nicht immer), dass ich erst später ins Rathaus fahre und stattdessen Zeit mit der Familie verbringe.
Spotlight: Was raten Sie anderen Frauen (und auch Männern), die wissen: Ich möchte beides: Amt und Familie?
Bürgermeisterin Walch: Wichtig ist, sich mit den Herausforderungen des Amtes zu beschäftigen und das offen zu kommunizieren. Der Partner bzw. die Partnerin muss Verständnis dafür aufbringen und mit an einem Strang ziehen.
Unten sollte stehen: Das Interview mit Antonia Walch führte Barbara Ogbone im Januar 2024.